„Ein großer Schnitt für die Menschheit“: Kölner Immisitzung nimmt Beschneidungs-Debatte aufs Korn

diashow016Kölns internationalste Karnevalssitzung feierte am Donnerstagabend 17.01.2013 Premiere – mit bissigen Sketchen und mitreißender Livemusik.

Das gab es auf Kölner Karnevalsbühnen ganz sicher noch nicht: In einer Persiflage der Talkshow „Hart aber fair“ diskutieren zwei als Penisse verkleidete Schauspieler auf der Bühne der Kölner Immisitzung über die Beschneidung männlicher Geschlechtsteile. Was zunächst schlüpfrig klingt, entpuppt sich als pfiffige Reflexion der aktuellen Vorhaut-Debatte. „Ein kleiner Schnitt für den Jungen, ein großer Schnitt für die Menschheit!“, behauptet der beschnittene Diskussionsgast. „Ich fühle mich wohl in meiner Haut“, entgegnet der andere. Moderatorin Franka Blasberg resümiert: „Beurteilen Sie nie einen Menschen nur nach seiner Haut.“ Auch im vierten Jahr seit ihrer Gründung hat sich die Kölner Immisitzung ihren Biss bewahrt. Die Karnevalssitzung im Stil einer kabarettistischen Nummernrevue feierte am Donnerstagabend im Bürgerhaus Stollwerck in der Kölner Südstadt Premiere. Die Schauspieler, Musiker, Tänzer und Puppenspieler kommen ursprünglich aus acht verschiedenen Ländern – selten sind so viele Immigranten im Kölner Karneval auf einer Bühne. Dabei verbinden sie Karnevalsspaß mit politischem Kabarett, kölsches Brauchtum mit Samba aus Rio.Vor allem aber nehmen sich die Immis auch gerne selbst auf die Schippe: In „Wissen macht Ü“, einer Verballhornung der WDR-Kindersendung „Wissen macht A“, erklären die beiden türkischen Moderatoren zuerst voller Nationalstolz, warum die Türken die ganze Welt erfunden haben – um sich dann in Erläuterungen darüber zu verlaufen, warum der fußballversessene türkische Familienvater am Ende das Männercafé erfand und weshalb die shoppingsüchtige Ehefrau das überhaupt nicht leiden kann.

Von den Türken in Deutschland schwenkt das Programm hinüber in den Gazastreifen: Ein Filmteam, dem es sichtbar an Professionalität mangelt, will dort einen Schmachtstreifen drehen – doch was als Liebesfilm geplant ist, droht zur Farce zu werden. Denn im Hintergrund bombardieren Palästinenser und Israelis abwechselnd nach und nach das halbe Filmset weg. Doch kein Problem für den entschlossenen Schnulzen-Regisseur: Er baut den nächsten Selbstmordattentäter, der das Filmteam bedroht, einfach spontan in sein Drehbuch ein. Fertig ist das Liebes-Drama: Gazablanca.

Dadaistische Komik entsteht, als zwei ehemalige Hartz-IV-Empfänger, bis zum Kopf eingehüllt in orangene Blasen, von ihrem Karrieresprung berichten – als menschliche Bojen im Godorfer Hafen. „Die vom Jobcenter haben gesagt, wir sind überqualifiziert. Wir haben Seepferdchen!“ Auch die finanzielle Lage der Künstler machen die Immis zum Thema – und lassen das Publikum bei der Geburtsstunde der GEMAfia teilhaben. Deren Pate will Künstlerrechte zu Geld machen – und dabei die Künstler auspressen: „Die, die uns viel Geld bringen, bekommen ein wenig Geld. Die, die uns wenig bringen, bekommen …weniger als ein wenig.“ Mit 16 Songs ist die Immisitzung dieses Jahr besonders musikalisch – darunter auch Cover-Versionen aktueller Hits wie Adeles „Rolling in the deep“ oder Michel Telós „Nossa“. Auch kölsche Karnevalslieder interpretieren die Immis in türkischer, amerikanischer und griechischer Sprache um: Aus der bekannten Zeile „Ich möch zu Foos noh Kölle jonn“ des Willi-Ostermannn-Lieds „Heimweh noh Kölle“ wird auf Türkisch ein sehr melodisches „Icim yanar / iim gecerse Rüzgar ile/ Kölne kossam“. Übersetzt heißt das: „Ich möchte mit dem Wind nach Köln ziehen“. In diesen Worten klingt es auf Türkisch einfach besser. Romantisch wird es schließlich, als der Flaschengeist Aladdin einer Kölsch-Flasche entsteigt und einem Kölner den Wunsch nach einer neuen Liebe erfüllt. Die Schöne aber kommt ausgerechnet aus Düsseldorf. Zur Titelmelodie des Disney-Filmhits „Aladdin“ treffen sich beide im Duett aber schließlich doch: „Mit dir durchs Veedel geh´n / und plötzlich seh'n / dass deine Welt / auch meine Welt sein kann.“ Und mischen Kölsch und Alt zu einem Liebestrunk.

Weitere Infos unter: http://www.immisitzung.de/

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