Pestizideinsätze: Umweltverbände fordern Cem Özdemir zu Eil-Intervention im Europäischen Rat auf

umweltMünchen, 8. Dezember 21. Schon am ersten Tag im Amt erreicht den neuen Landwirtschaftminister Cem Özdemir ein dringender Appell europäischer Umweltverbände: Sie bitten ihn, sofort im Europäischen Rat zu intervenieren, weil sie befürchten, dass bereits am Freitag ein verwässerter Reformvorschlag zur Erfassung landwirtschaftlicher Daten durchgewunken wird, der die Pläne für mehr Transparenz bei Pestizideinsätzen zunichte macht. In einem offenen Brief fordern 17 Verbände, darunter das Umweltinstitut München, der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der WWF, den Gesetzesentwurf nochmals zu prüfen und so zu gestalten, dass in Zukunft transparent ist, welche Pestizide wann, wo und in welchen Mengen verwendet wurden.

Im Rahmen der europäischen Farm-to-Fork-Strategie soll der Pestizideinsatz in der EU bis 2030 um die Hälfte reduziert werden. Doch ohne verlässliche und öffentlich zugängliche Daten zum tatsächlichen Pestizideinsatz in der Landwirtschaft ist eine Reduktionsstrategie kaum sinnvoll umzusetzen. Die laufende EU-Reform der Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und zur landwirtschaftlichen Erzeugung (Statistics on agricultural input and output, SAIO) ist dabei von zentraler Bedeutung. Denn das EU-Regelwerk zur Erhebung landwirtschaftlicher Statistiken soll Referenzwerte für die europäische Pestizidreduktionsstrategie ermöglichen. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll damit die rechtliche Grundlage geschaffen werden, um Pestizideinsätze zukünftig zentral zu erfassen und vom statistischen Amt der EU (Eurostat) auswerten zu lassen.

Aus dem Protokoll eines Treffens der Arbeitsgruppe Statistik unter der Slowenischen Ratspräsidentschaft ist zu erfahren, dass unter den EU-Mitgliedsstaaten derzeit noch Inhalte der Reform abgestimmt werden, und dass die Slowenische Ratspräsidentschaft plant, die Ratsposition noch vor dem baldigen Ende ihrer Amtszeit zu finalisieren. Dies könnte bereits am kommenden Freitag, dem 10. Dezember im Rahmen des Sonderausschuss Landwirtschaft (SCA) oder bei einem Ratstreffen am 12. oder 13. Dezember geschehen.

In den Dokumenten zum Stand der Verhandlungen finden sich allerdings etliche – teilweise auf Vorschläge der letzten deutschen Bundesregierung zurückgehende – Verwässerungen, die jede sinnvolle Überwachung der in der Farm-to-Fork-Strategie festgelegten Ziele verhindern und damit die Strategie selbst sabotieren.

17 Umweltverbände aus Europa fordern in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief Agrarminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke dazu auf, dem Ratsvorschlag nur dann zuzustimmen, wenn wesentliche Kernpunkte des Kommissionsvorschlags nicht verwässert werden.

In dem Brief heißt es: „Ohne geeignete Systeme zur Sammlung und Veröffentlichung solcher Daten sind die in der Farm-to-Fork-Strategie gesetzten Ziele leere politische Versprechen. Dieser Mangel an Transparenz würde ohne Zweifel zu einem Vertrauensverlust der Gesellschaft führen. Wir hoffen, dass die neue deutsche Bundesregierung hier noch rechtzeitig interveniert, um einen solchen abzuwenden.“

Die Verbände fordern, die Reform des Statistischen Regelwerks so zu gestalten, dass es als Grundlage für ein wirksames Monitoring dienen kann. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  •       Die Erstellung der Statistiken über Pestizideinsatz auf Grundlage der Aufzeichnungen, die Landwirt:innen ohnehin bereits in Anwendung von Artikel 67 der Verordnung 1107/2009 führen müssen. Dies bedeutet, dass für die Landwirt:innen kein administrativer Mehraufwand entstehen würde. Es erfordert jedoch die Einführung einer systematischen Erfassung dieser Aufzeichnungen in elektronischer Form durch die zuständigen Behörden.
  •       Eine jährliche Übermittlung von Daten zum Pestizideinsatz durch die Mitgliedsstaaten. Die scheidende deutsche Regierung hatte hier darauf gedrängt, die Daten nur alle fünf Jahre zu erheben. 
  •       Die Erhebung von Daten nicht nur über Pestizide, sondern auch über Biozide und Tierarzneimittel, die in der Landwirtschaft verwendet werden.
  •       Rechtliche Garantien für die Veröffentlichung der Daten über den Pestizideinsatz in einer aussagekräftigen Detailtiefe: pro Wirkstoff, Produkt, Kulturpflanze/Art, Jahr und auf der geografischen Ebene einer lokalen Verwaltungseinheit.
  •       Uneingeschränkter und einfacher Zugang zu den zugrundeliegenden Rohdaten für europäische und nationale Behörden, die für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt zuständig sind (im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 223/2009, da die Aufzeichnungen der Landwirte nicht ausschließlich zu statistischen Zwecken erhoben werden)

Die Unterzeichner des offenen Briefes sehen sich in ihrer Forderung nach mehr Transparenz beim Pestizideinsatz auch durch Wissenschaftler:innen gestützt, die ebenfalls die Bereitstellung dieser Daten von der EU fordern um die Gefahren der Pestizide auf menschliche Gesundheit und Umwelt untersuchen und bewerten zu können. Bislang herrscht in der EU völlige Unklarheit darüber, welche Pestizide wann wo und in welchen Mengen ausgebracht werden.

Quelle: www.umweltinstitut.org

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku in Köln

Host City Köln überträgt letzten


stadt Koeln LogoSpiele werden an unterschiedlichen Orten des EURO 2024 Festivals gezeigt

Die Gruppenphase der UEFA EURO 2024 in Deutschland geht in den letzten Spieltag. Viele Begegnungen finden zeitgleich statt. Anbei finden Sie eine Übersicht, welche Spiele wo ...


weiterlesen...

30.06.2024 KinderKünstlerFest


kinderkuenstlerfestWir freuen uns sehr, euch schon zum 18. Mal zum beliebten KinderKünstlerFest auf der Wiese hinter dem Kunstmuseum Villa Zanders einzuladen!

Wie immer stehen viele Mitmachstationen zum künstlerischen Experimentieren bereit. Unter Anleitung unserer ...


weiterlesen...

28.06.2024. – 20.07.2024 WE ARE SEEDS


DAS GROSSE GELINGEN soziale Plastik  ZUKUNFTSSPAZIERGANG  Etappe Koln 2021 2023 Photo courtesy of Helge  SaxanaDie Ausstellung " WE ARE SEEDS" von Helge & Saxana und David Klammer vereint Kunst und Klimaprotest auf eindrucksvolle Weise. Ab dem 28.06. präsentiert der artrmx e.V. gemeinsam mit der Galerie Koppelmann die Ausstellung "WE ARE SEEDS" mit monumen...


weiterlesen...

Geplantes Tempo 30 auf der Luxemburger


VCDKöln, den 20. Juni 2024 Die Stadtverwaltung beabsichtigt, die Höchstgeschwindigkeit auf der Luxemburger Straße von Tempo 50 auf Tempo 30 zu reduzieren, weil die Grenzwerte für Lärm überschritten werden und die Gesundheit der Anwohner gefährdet ist...


weiterlesen...

Live-Online-Ausbildung zum Übersetzer


dolmetscher schuleÜber ihre Live-Online-Ausbildung zum staatlich geprüften Übersetzer (m/w/d) und über das kompakte Online-Weiterbildungsseminar „Deutsche Rechtssprache“ informiert die Übersetzer- und Dolmetscherschule Köln am Donnerstag, 11. Juli 2024 um 17.30 Uhr...


weiterlesen...

Barrierefreiheit im Fußball und im Web


news logoKöln, 20.06.24 – Was verbindet Fußball und das Web? Beide schaffen ein Erlebnis, das Menschen zusammenbringt und Gemeinschaft stiftet.

Eine barrierefreie Gestaltung für Fans vor und während des Spiels und eine frustfreie Nutzung von Apps sind wich...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.