Interview mit Alexander Meyen

alexandermeyen_interview...ein vielseitiger und engagierter Mensch, der immer aktiv ist, sein Umfeld zu gestalten und zu verändern. Als Musiker war er aktiv in der Hochschulpolitik der Musikhochschule Köln und beteiligte sich dort, sowie in Kalk an unzähligen Protestaktionen. Durch seine intensive Yogapraxis hat er seinem Leben eine neue Richtung gegeben. Er ist freiberuflicher Musiker und Yoga-Leherer. Meyen spielt Irish Folk, Jüdische Folklore, indische Ragas und verwirklicht sich in seinen Kompositionen und Improvisationen des „Loop String Projekt“ Außerdem unterichtet er Yoga im MegaHerz in Mülheim und im Shanuad in Kalk. Freundlich und doch mit dem Herz bei der Sache, stand er uns für ein Interview zur Verfügung.

Hallo lieber Alexander, du bist gebürtiger Berliner und in Braunschweig aufgewachsen. Wie bist du nach Köln-Kalk gekommen?

Hierher bin ich im  Jahr 1997 gezogen. Kurz nachdem ich mein Jazzmusikstudium an der Musikhochschule Köln beendet hatte. Zum Einen waren die Mieten damals noch günstig, zum Anderen traf ich hier auf Menschen, die gewillt waren, aktiv an der Gestaltung des Stadtteils mitzuwirken. Wir wollten Einfluss auf die Politik und die Gesellschaft nehmen. Ich war zuvor jahrelang im ASTA der Musikhochschule tätig und engagierte mich in der Hochschulpolitik.

Du bist ausgebildeter Musiker und beherrschst viele Instrumente. Mit Blockflöte und Violine begann deine musikalische Aktivität, später kamen Klavier und Gitarre hinzu. Was ist dir wichtig beim Musik machen?

Zu improvisieren und komponieren begann ich auf dem Klavier. Später habe ich mich auf die Violine konzentriert, weil ich das am Besten konnte und ich dort für mich die größten Möglichkeiten entdeckte, den eigenen Ton selbst zu gestalten. Meine erste Schülerband war eine sehr gute Band, die schon damals von meinem Musiklehrer unterstützt und gefördert wurde. Heute bedeutet Musik machen, neben allen künstlerischen und sozialen Aspekten auch Broterwerb.

Was ist denn der Unterschied zwischen dem Beruf Musiker und der Leidenschaft, die man ausübt?

Ich muss mich beständig um bezahlte Auftrittsmöglichkeiten bemühen. Professionell Musik zu machen besteht deswegen nicht nur darin, beharrlich meine Stunden am Instrument zu üben, um ein guter Handwerker zu werden. Die Pflege von Kontakten zu den Gruppenmitgliedern, Veranstaltern, Internetseiten etc. ist ebenso wichtig. Das ist nicht immer nur kreativ, sondern da steckt viel Routine und mühevolle Kleinarbeit dahinter.

Was sind deine aktuellen Musikprojekte?

Das kreative Moment lebe ich eher in den Improvisationen meiner Band „Loop String Projekt“ aus oder wenn ich indische Ragas in dem Trio „Nada Samadhi“ spiele. Wenn ich Zeit habe arbeite ich an eigenen Kompositionen. Mit dem „Loop String Projekt“ Trio gaben wir jüngst ein Konzert mit einem Sinfonieorchester, was meine Stücke spielte. Im Sommer wollen wir mit einer  Tänzerin aus Sizilien zusammenarbeiten. Mit der Romaband „Romano Trajo“ bereisen wir  im August Polen, wo Konzerte und Workshops stattfinden. Das sind immer neue, kreative Herausforderungen die ich suche, mich weiterbringen und bereichern. Außerdem spiele ich in der Irish Folk Band „Emeralds“ und ich begleite auf der Gitarre Jüdische Folklore.

Immer wieder zieht es dich in andere Länder. Du warst zur Wendezeit in Israel, warst auf Malta, Gomera und in vielen verschiedenen Ländern z.T. als Straßenmusiker unterwegs. Zudem machst du Yogaworkshops auf Ibiza und Sizilien. Doch du kehrst immer wieder hier her zurück. Wie gefällt es dir in Köln zu leben?

Köln ist eigentlich nicht so meine Stadt, das wusste ich schon sehr früh. Karneval, kölsche Kultur und Podolsky sind nicht das, was mich begeistert. Dennoch habe ich meine  Freunde hier und meine Nischen. Schlussendlich fühle ich mich wohl. Ich reise einfach gern.

Im Stadtteil Kalk gründeten wir eine Bürgerinitiative gegen das  Gentechnikzentrum RTZ und den Plan des Landes NRW, Kalk zum „erweiterten  Innenstadtbereich“ erklären zu wollen. Wir befürchteten steigende Mieten, Zerstörung der letzten grünen Brachflächen und ein weiteres Hinausdrängen der Drogenabhängigen durch „Säuberungsmaßnahmen“ der Stadt, was ja leider auch alles eingetroffen ist.

Während deines Studiums hast du mit anderen Musikern die FMC (Free Musik Assoziation) gegründet. Grund war, dass ihr kritisch auf die Vermarktung von Künstlern zum Beispiel auf dem Ringfest oder der Popkomm geschaut habt. Warum?

Wir wollten keines Falls die Musikförderung und –Vermarktung im Allgemeinen kritisieren. Was ich für bedenklich halte ist, dass Großkonzerne die Bands als ihre Werbefläche benutzen und sie so indirekt Einfluss nehmen auf die Musikkultur. Die öffentliche Kulturförderung der Stadt Köln wurde auf ein Minimum heruntergefahren und zum Großteil aus der Hand gegeben. So war das Ringfest ein riesiges Vermarktungsevent, wo Musiker keinen Cent für ihre Auftritte bekamen. Gegen solche Art der Musikförderung wollten wir agieren, um das Maßlose und Grenzenlose zu begrenzen. Doch es war, wie später in Kalk ein aussichtsloser Kampf.

Neben der Musik ist die Yogapraxis und das –unterrichten ein Teil deines Lebens. Wie bist du zum Yoga gekommen und was bedeutet es für dich?

Ich habe mich bereits als Jugendlicher für indische Philosophie interessiert und bereits kurz vor dem Abitur bei einem indischen Yogalehrer die ersten Asanas und Meditationen gelernt. Später hatte es auch wohltuende und ausgleichende Wirkungen auf meinen Körper. Heute bedeutet Yoga für mich viel mehr wie früher. Ich versuche es zu leben und in den Alltag zu integrieren, sowohl in geistig-spiritueller, wie in körperlicher Hinsicht. Ich bin sicher, dass es gelingen kann über die konzentrierte Praxis der Eigen – und Fremdwahrnehmung ein tiefes Gefühl der Verbundenheit zu allem zu entwickeln und aus der inneren Mitte heraus zu reden und zu handeln. Insofern ist Yoga für mich Selbststudium und Forschung zugleich, auch eine Methode die Ursache für das eigenen Leiden zu erkennen, um es letztlich zu überwinden.

Du hast angefangen Yoga zu lehren, als du aufgehört hast, dich so stark politisch zu engagieren. Es gibt also einen Zusammenhang für dich. Ist es ein anderer Weg, dich für die Menschen einzusetzen?

Ich bin davon überzeugt, der Mensch hat das Potenzial für seine Sachen selbst zu entscheiden. Die Realität ist eine andere. Vor einigen Jahren habe ich versucht dies durch Aktionen zu verändern. Doch das hat nichts gebracht. Also versuche ich erst mal in meinem kleinen winzigen Bereich die Sachen in Ordnung zu bringen. Dann bleibt mir eigentlich gar keine Zeit mehr, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Das habe ich bei vielen Menschen gesehen. Dass sie sehr nach außen gerichtet sind. Wenn jemand unter etwas leidet, dann muss er sich davon frei machen. Es muss ein Akt der Bewusstwerdung und Erkenntnis passieren. Dieser Weg kann nicht über den Weg einer Ideologie oder Theorie gehen. Das bleibt dann einfach ein Gebäude, was abstrakt ist. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt.

Das kann man über Yoga erreichen? Wie ist das bei dir konkret passiert?

Bevor ich 2000 die Yoga-Lehrer-Ausbildung angefangen habe, war ich in einer persönlichen Krise und Umbruchphase. Ich musste einfach mal weg aus meinem Alltag, weg aus Köln. Innerhalb dieser Kalker Szene (Front), in der ich damals sehr aktiv war, gab es unheimlich viele Konflikte. Es waren Leute, die die Welt verändern wollten, aber es kam nichts dabei heraus. Ich wollte das alles nicht mehr. Ich wollte auch nicht immer nur gegen irgend etwas sein. Permanent protestieren und gegen die Welt sein. Also bin ich u.a. nach Gomera gereist und habe intensiv Yoga gemacht und gemerkt, wie gut es mir tut. So habe ich die Entscheidung gefällt, eine Yogalehrer-Ausbildung zu machen. Schon während der Ausbildung ist mir viel aufgefallen, was bei den Menschen in meinem Umfeld so abgelaufen ist und ich habe mich immer weiter von meinem alten Umfeld distanziert.

Dann warst du Yogalehrer. Du hast zwei Jahre intensiv, täglich Kurse gegeben und sehr viel Praxiserfahrung gesammelt. Wie gestaltest du heute deine Kurse?

Heute kann ich sagen, dass ich mir keinen schöneren Beruf mehr vorstellen kann. Das unterrichten von Yoga ist eine wundervolle Tätigkeit. In Mülheim, wie in Kalk biete ich jeweils einen Anfänger- als auch einen Mittelstufenkurs an. Im Anfängerkurs lernen die Teilnehmer die grundlegenden Asanas, Atemübungen und Entspannungstechniken kennen. Danach können sie in den Mittelstufenkurs wechseln, der schon schwierigere Übungen und erweiterte Atem – und Konzentrationstechniken beinhaltet. Beide Kurse bauen inhaltlich aufeinander auf. Wichtig sind auch Tipps für das Üben zuhause, zu geben. Denn viele Teilnehmer wünschen sich das für sich, schaffen es aber alleine nicht so richtig. Schlussendlich ist mir der Humor sehr wichtig. Denn bei einer zu ernsten und verkrampften Stimmung, innerhalb einer Gruppe fühlt sich niemand wohl. Hinzufügen will ich noch, dass meine Kurse von den Krankenkassen bezuschusst werden, was von den meisten auch in Anspruch genommen wird.

Du hältst dich in deinen Kursen eher zurück mit philosophischen Erklärungen. Das Ziel ist, dass die Leute irgendwann in der Lage sind Yoga allein zu machen. Du hast jetzt viel von einer geänderten Wahrnehmung erzählt, was meinst du damit?

Der Yoga Lehrer ist einer, der sollte sich irgendwann unnütz machen. Der Yoga Lehrer öffnet den Raum für neue Wahrnehmungen. Es ist ein Prozess. Das was erlernt wird, kann weiter gehen im Alltag. Es ist schön, wenn es ein Teil ihres Lebens wird. Man kann das schwer erklären, weil es sich einem durch das Tun erschließt. Irgendwann kann es passieren, dass ich mich so sehr zurück nehmen kann und nur noch wahr nehme. Ich bin dann völlig entspannt und der ganze Stress des Alltags fällt von mir ab.

Wie sieht die Welt aus, in der du gern leben möchtest? Was wäre anders, als in der momentanen Welt?

Die Welt in der ich gerne leben möchte gibt es schon. Sie existiert in mir. Ich halte nichts von revolutionären Massenbewegungen. Ich fange bei mir selbst an die Verhältnisse zu verändern und inneren Frieden mit mir selber  und meinen Mitmenschen zu schließen. Das heißt nicht, dass alles in Ordnung ist, nein gar nicht. Es ist sehr wichtig, dass Menschen partizipieren und sich einbringen können, wann und wo immer sie es wollen. Doch krankmachende Arbeits- und Wohnverhältnisse können nur von denen abgeschafft werden, die auch darunter leiden und ihre Deformation erkennen. Wie Marx es formulierte: nur der Arbeiter selber kann die Befreiung aus der Knechtschaft vollziehen, durch Bewusstwerdung und Erkenntnis, nicht aber von außen oder gar mit Gewalt. Auch eine vegetarische Kultur, in dem der Mensch einen respektvollen Umgang mit Tieren, Pflanzen und allen Lebewesen der Schöpfung pflegt, entwickelt sich nur langsam. Wem Zeit wichtiger ist als Geld, der findet schon einen Weg sich mit wenig zu begnügen und trotzdem – oder gerade deswegen - ein glücklicher Mensch zu werden. Alle Weisen dieser Erde lebten in freiwilliger materieller Armut, das sollte man nicht vergessen.

Was sind deine Pläne für die Zukunft und was wünschst du dir?

Ich möchte gerne Kinderyoga unterrichten, wozu ich ja letztes Jahr eine Weiterbildung gemacht habe. Dann wünsche ich mir, dass die Yogareise nach Ibiza, die ich mit einer Kollegin gerade durchgeführt habe, auch im Jahr 2010 so gut weitergeht, wie sie anlief. Und natürlich dass möglichst viele Menschen mit Yoga anfangen, und auf diese Weise Bewusstsein, Leichtigkeit und Gelassenheit in die Welt bringen.

Weitere Informationen:

Yoga: http://www.yogalex.de

Musik: www.violalex.de

Yogakurs: MegaHerz 

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