"Spur des Menschen" - Interview mit dem Künstler David Uessem
Kunstausstellung von Andreas Reuther und David Uessem in der Galerie-Graf-Adolf
Ausstellung: 11.09.2010 - 09.10.2010
Vernissage: 11.09.2010 ab 18.00 Uhr
Wir die Menschen stehen im Mittelpunkt der Gemäldepräsentation im September 2010 in der Galerie-Graf-Adolf. Andreas Reuther und David Uessem widmen sich den Spuren, die in Beziehung mit dem Homo Sapiens stehen. Mit jedem Gedanken, mit jedem Wort, mit jeder Tat, ja sogar mit jedem Atemzug verändern wir die Welt und somit auch uns selbst. Das Leben ist ein anderes, wie es eben noch war. Es ist ein ständiger Wandlungsprozess. Während Andreas Reuther in seinen Federzeichnungen und Gemälden dem Menschen im Raum, nachspürt, stellt David Uessem menschliche Regungen und Erfahrung in Form von großformatigen Gesichtern dar.
Wir als Teil der Natur, des Universum, schaffen Materie und meinen dies sei die Wirklichkeit. Andreas Reuther stellt bewusst scheinbare Realitäten auf den Kopf und rückt sie durch Motive und Perspektiven, in ein überraschendes Licht. Die feinen Arbeiten Reuthers wirken auf den ersten Blick harmonisch und verspielt. Lässt man sich darauf ein, wird bewusst, dass der Künstler durch Räumlichkeit, Objekt und Figuren, Regungen im Betrachter erzeugt, die jedem allzubekannt erscheinen.
Die großformatigen Gemälde von David Uessem, fallen dem Besucher sofort ins Auge. Der junge Künstler malt Gesichter in einem fotorealistischen Stil und verfremdet sie, um eine eigene intuitive Aussage wirken zu lassen. Hierbei kann der Betrachter selbst am Objekt, am Bild studieren und nachspüren. Wie über eine Landschaft, laden die Gemälde ein, sich in das Werk zu vertiefen, um die Spuren, die das Leben zeigt und der Künstler festhält, nachzuempfinden. Lesen Sie im Folgenden was David Uessem selbst über sich und seine Werke zu erzählen hat.
Hallo David. Du bist noch keine dreißig Jahre alt, und schon als bildender Künstler erfolgreich aktiv. Wie bist du zur Malerei gekommen?
Ich wollte auf jeden Fall künstlerisch tätig sein in meinem Leben. Anfangs interessierte ich für den Bereich Grafikdesign. Da ich nicht so gern mit dem Computer arbeite, habe ich mich schnell umentschieden und klassische Illustration studiert. Während dieser Ausbildung habe ich das Malen erst richtig kennen gelernt und gemerkt, dass mir dies am meisten liegt und zusagt. Also habe ich nach meinem Abschluss ein klassisches Malereistudium absolviert und bin bei der Malerei geblieben.
Was hat dir beim Illustrieren nicht gefallen?
Man arbeitet Aufträge ab, dabei kommt mir persönlich das künstlerische und kreative selbst gestalten zu kurz. Es ist meine Intension, Dinge aus einer anderen Sichtweise betrachten zu können. Sich auf verschiedene Eindrücke einzulassen und dadurch etwas raus zu ziehen. Ich entscheide mich für ein Motiv und eine Komposition und schaue dann, welche Inhalte ich da rausholen kann. Ich versuche entscheidende Aspekte zu verstärken oder rauszulassen. Das geht beim klassischen Illustrieren natürlich nicht, weil dort andere Arbeitsvorraussetzungen vorherrschen.
Du wählst deine Motive also intuitiv und spontan, was sind die Themen, die du durch deine Werke ausdrückst?
Meist geht es in meinen Arbeiten um den Menschen mit seinen Emotionen. Ich habe kein Muster, es sind die Themen, die mich auch im alltäglichen beschäftigen. Ob bewusst oder unbewusst fließen diese in die Werke mit ein.
Bist du neugierig auf Menschen?
Ja. Wenn ich Menschen neu kennen lerne, bin ich erstmal still. Ich beobachte sie und höre ihnen zu. Ich interessiere mich für die Mimik und Gesten, wie sich ein Mensch verhält. Das wirkt wohl oft seltsam, doch wenn ich warm geworden bin, bin ich selbst auch offener. Ich glaube ich interessiere mich einfach zu viel für den Menschen.
Du malst, einfach ausgedrückt, riesige Gesichter. Warum?
Ich kann viel damit ausdrücken. Die Größe gibt mir technisch die Möglichkeit, Elemente mit in das Bild einzubauen, denn es ist genug Platz vorhanden. Außerdem kann ich andere Strukturen aufbauen. Es entsteht der Eindruck, man würde durch eine Landschaft laufen. Es gibt die Berge, man sieht die Täler oder verschiedene Lichtverhältnisse. Daraus ergeben sich also unterschiedliche Zugänge des Betrachters zu meinen Arbeiten.
Wie setzt du diese Aspekte praktisch um?
Als Vorlage nehme ich ein Modell und teilweise greife ich auf Fotografien zurück. Allein durch die dritte Dimension kann ich am Modell Dinge herausziehen, die ein Foto niemals hergeben würde. Ich male fotorealistisch. Um eine Aussage zu bekommen, nehme ich einzelne Elemente in das Bild hinein und blende andere wiederum aus.
Wie ist hierbei der Arbeitsablauf?
Zu Beginn fertige ich eine Vorzeichnung an. Manchmal mit Vorlage in Form eines Fotos manchmal ohne. Daraus entwickele ich meine Komposition. Ich fertige die Vorlage mit Acryl auf die Leinwand an. Im nächsten Schritt werden kleine Verläufe mittels der Air-Bruch Pistole angelegt. Schließlich überarbeite ich das Gemälde in Öl und bin hoffentlich fertig. Oder ich mache alles noch einmal. (lacht)
Wie realistisch deine Bilder sind hast du, auf höchster Ebene unter Beweis gestellt. Denn du hast Bilder für deinen Personalausweis selbst gemalt und sie sind tatsächlich angenommen worden. Wie hast du das gemacht?
Ich habe ein Bild gemalt, was alle Auflagen von einem Passbild erfüllt. Das Original ist 1,80 x 1,40 m groß. Ich habe Abzüge machen lassen und normal entwickeln lassen. Natürlich habe ich nichts gesagt.
Das heißt, niemand wusste, dass die Bilder gemalt sind?
Ersteinmal nicht. Als es dann rausgekommen ist, waren die zuständigen Behörden nicht so erfreut und ich habe ein bisschen Ärger bekommen. Man wollte mir nachweisen, dass es illegal sei. Ist es aber nicht, denn es gibt keine gesetzliche Vorgabe, dass das Passbild ein Foto sein muss. Allerdings lief der Streit darauf hinaus, dass ich neue Pässe beantragen musste. Diese Aktion hat gezeigt, dass der menschliche Geist der Technik doch ein wenig überlegen sein kann.
Deine Gemälde wollen gesehen werden, so scheint es. Welche Motivation treibt dich zum Schaffen an? Was willst du mit deinen Arbeiten bewirken?
Ich male weil man damit auf einer ganz bestimmten Ebene Menschen erreichen kann. Jeder kann aus einer Ausstellung etwas für sich herausziehen, irgendetwas nimmt man mit. Dies geschieht auf einer ehrlichen Art und Weise.
Wie meinst du das?
Wenn jemand vor einem Bild steht und sieht sich das an, dann denkt und fühlt er irgendetwas. Das sagt er natürlich nicht jedem. Jeder bleibt ein bisschen für sich. Somit setzt sich ein Betrachter auf einer ganz persönlichen Ebene mit etwas auseinander. Vielleicht merkt er es selbst nicht mal. Ich kann also Menschen durch die Kunst in einem Bereich erreichen, die durch klassische Kommunikation niemals möglich wäre.
Welchen Stellenwert hat die künstlerische Betätigung in deinem Leben?
Das genau zu erklären ist schwierig. Da ich von der Kunst lebe, könnte ich mir ein Leben ohne die Malerei nicht vorstellen. Es bestimmt in gewisser Weise das Leben. Ich habe keinen acht Stunden Tag und gehe nach erledigter Arbeit nach Hause. Würde ich das tun, wäre ich kein Künstler mehr. Das geht nicht. Man ist Künstler oder man ist es eben nicht. So sehe ich das. Man hat es dabei und denkt immer daran.
Welche Arbeiten präsentiert der Künstler David Uessem in der Ausstellung „Spur des Menschen“ in der Galerie-Graf-Adolf?
Ich werde neuere Arbeiten zeigen. Hier arbeite ich reduzierter mit der Farbigkeit. Durch vermehrte Weißtöne und Grauabstufungen wirken die Bilder leichter. Sie zeigen einen starken Kontrast zwischen diesen kalten Grautönen und warmen Braun um die Augen des Motivs herum. Ich mag die Arbeiten. So hat man einen schönen Einstieg. Die Gemälde wirken entspannt und leicht.
Warum das so ist, das kann ich selbst so gar nicht sagen.
Du hast das also nicht geplant?
Das ist Kunst. Es entsteht etwas aus dem Bauch heraus. Es ist die Magie, die darin steckt, genau das zu zeigen, was so nicht zu erklären ist.
Ich glaube, „Spur des Menschen“ wird eine interessante Ausstellung. Meine Werke passen gut mit Andreas Reuther`s Arbeiten zusammen. Es ist eine passende und ergänzende Mischung mit qualitativ guten Arbeiten. Das sollte man sich unbedingt anschauen.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass meine Arbeit gut läuft. Ich würde gern mehr Leute erreichen, sprich mehr ausstellen und meine Bilder vielen Menschen zeigen. Ich wünsche mir, dass die Ausstellungen gut angenommen werden und, dass es viele Menschen gibt, die nachempfinden können, was ich da so treibe.
Vielen Dank für das Gespräch
Ilka Baum
Ausstellungsinformation: Spur des Menschen
Interview in PDF: Spur des Menschen - David Uessem
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