Interview mit dem Künstler André Boeck
Im Gegensatz zu seinen Fotografien, die immer einer thematischen Idee entsprungen sind, möchte der Kölner Künstler André Boeck in seinen Acrylbildern keine Aussage treffen.
Der Betrachter seiner Bilder soll für sich herausfinden, ob das was er sich anschaut, stimmig ist in seiner Harmonie oder Disharmonie. Das wohltuende Gefühl beim Anschauen ist für André Boeck die Inspiration. Vorher hört er nicht auf an einem Bild zu arbeiten............
In der Zeit vom 02.Juli bis zum 13. August 2011 zeigt der Künstler seine Arbeiten in der Gemeinschaftsausstellung „Nimm 3 „ in der Galarie-Graf-Adolf. Ich habe André Boeck in seinem Atelier im Kunsthaus Rhenania besucht und mit ihm gesprochen....
VIDEO - Künstlerpräsentation André Boeck zur Ausstellung Nimm3
Hallo André,
Du bist von Beruf Fotograf. Parallel zu Deinen Auftragsarbeiten entstanden immer schon freie Arbeiten. In den 90 er Jahren gab es dazu mehrere Ausstellungen. Wie kam es dazu, dass Du Dich der abstrakten Fotografie zugewandt hast ?
Mit der zunehmenden digitalen Bilderflut und der damit zusammenhängenden Beliebigkeit in der Fotografie, hatte ich zunehmend das Gefühl, dass einfach mithilfe der modernen Technik irgendein Motiv einzufangen und als Kunstwerk zu präsentieren, nicht meiner Auffassung von kreativer Kunst entspricht.
Ein Kind mit verschmiertem Mund, ein Hinterhof oder ein rostiger Spielplatz in Bulgarien und schon wird daraus eine Ausstellung gemacht.
Du wolltest mehr als nur den eigenen Blickwinkel einbringen?
Ja, um mich als kreativer Mensch hundertprozentig zu einem Bild zu bekennen, brauche ich den ganz starken Einfluss, den ich darauf habe. Deshalb war für mich der Weg zur Abstrahierung vorgezeichnet.
Wie hast Du die Abstraktion in der Fotografie erreicht?
In meinen abstrakten Fotografien mit einem extremen Eingriff vor oder einer starken Veränderung nach der Aufnahme. Später kamen Collagen und Montagen dazu, in denen ich Bilder aus verschiedenen Motiven zusammensetze.
Der Drang mit den Händen zu schaffen hat dich schließlich zur Farbe und Leinwand gebracht?
Meine Lust mit der Hand zu arbeiten war schon immer groß, von Kindesbeinen an.
Völlig losgelöst von technischen Apparaten, Zeit und Ort kann ich dabei meine Kreativität ausleben.
Ich muss nicht den Sonnenstand haben oder zu einer gewissen Zeit an einem bestimmten Ort sein. Beim Fotografieren bist du immer davon abhängig. Du kannst nicht nachts um drei eine tolle Idee umsetzen. Malen kann ich dann aber. Das gefällt mir.
Du hast dich selbst an die abstrakte Malerei herangearbeitet?
Ja, ich wollte keine Malschule, wollte von niemandem den Stil übernehmen.
Ich wollte einfach ausprobieren. Für mein erstes Bild, das sehr groß war, nämlich 140 x 180 cm, brauchte ich drei Monate und es hat mir großen Spaß gemacht. Als es fertig war, habe ich sofort weitere Leinwände gekauft.
Wie viel Zeit und Raum hast Du, neben Deinen Auftragsarbeiten, für die freie Arbeit?
Meine freie Arbeit, d.h. das Komponieren und Malen von Bildern und die Fotografie, macht zeitweilig 30- 40 Prozent aus. Das Fotostudio ist gleichzeitig auch mein Malatelier.
Hast Du Dein Motiv von Anfang an oder entsteht es erst im Laufe des Malprozesses?
Ich habe anfangs eine sehr konkrete Idee der Komposition im Kopf:
ich weiss immer welche Strukturen, Formen und Farben im Bild vorkommen sollen. Oft ist es aber so, dass wenn ich meine Grundidee umgesetzt habe, ich immer noch nicht zufrieden bin.
Dann nehme ich kleinere oder auch größere Änderungen vor und es entwickelt sich etwas Anderes, oft auch etwas Besseres.
Du arbeitest Dich also an das Endmotiv heran. Wann ist denn ein Bild fertig bei Dir?
Ein Bild ist erst dann fertig, wenn ich es mit der Schlussfirnis überziehe und es wegstelle.
Solange es noch irgendwo herumsteht, bin ich noch nicht hundert Prozent zufrieden damit.
Es kam auch schon vor, dass ich Bilder nach vier Tagen permanenter Arbeit komplett umgeschmissen habe weil ich dachte : das ist es noch nicht.
Zerstörst Du denn auch Bilder ?
Ja, das habe ich auch schon gemacht. Da bin ich gnadenlos, ich nehme einen großen Spachtel, alles wird wieder zu einem Brei verschmiert, die Leinwand bleibt- und das ganze Bild wird neu gemalt.
Wie ist Deine Arbeitsweise?
Ich bin bei der Arbeit ein sehr ungeduldiger Mensch, deshalb arbeite ich auch mit Acrylfarbe. Öl käme wegen der langen Trocknungszeiten für mich nicht in Frage. Ich will und muss kontinuierlich arbeiten. Zu lange Pausen ergeben für mich zu viele Veränderungen an dem ursprünglichen Konzept.
In meinen Bildern kommen sehr viele großflächige Schichten aufeinander und spätestens am nächsten Tag muss es weitergehen. Das ist ein kontinuierlicher Prozess.
Du arbeitest mit Pinsel, Spachtel, Schwamm , Gummischaber und Schmirgelpapier. Was geschieht, nachdem Du mehrere Farbschichten übereinander aufgetragen hast ?
Bei manchen Bildern schmirgele ich mich wieder zu den verschiedenen unteren Farbschichten partiell durch. Oder noch nicht getrocknete Farbschichten werden teilweise wieder abgeschabt.
Wovon lässt Du Dich inspirieren ?
In der Fotografie bin ich auf visuelle Inspiration angewiesen. Oft ist es so, dass ich etwas sehe und mir eine Szenerie nicht aus dem Kopf geht. Zum Beispiel sehe ich in Filmen Sequenzen die ich mir als Foto vorstellen kann.
Wovon lässt Du Dich bei Deinen Acrylbildern inspirieren ?
Eine Ausstellung von Gerhard Richter, in der seine abstrakten Farbbilder gezeigt wurden hat mich inspiriert. Diese großformatigen Bilder fand ich phänomenal, sie haben mich umgehauen. Sie haben zwar keine Aussage und kein Thema, aber sie haben Ausstrahlung.
Welche Vorbilder hast Du?
Gerhard Richter ist ein Künstler, der mich sehr beeindruckt. Jackson Pollock mag ich gerne,für mich war er ein Pionier in der abstrakten Malerei. Von den filigranen Arbeiten des Kölner Künstlers Helmut Brandt bin ich begeistert.
Vorbilder in dem Sinne habe ich jedoch nicht, weil ich einen Künstler als solchen nie komplett für mich vereinnahmen kann.
Es gibt durchaus Arbeitszweige die mir nicht gefallen, die ich nicht gutheißen kann oder zu denen ich keinen Zugang habe. Ein Beispiel dafür ist Damien Hirst.
Einige Arbeiten von ihm finde ich extrem gut, z.B. die „Schmetterlingsbilder.“ Er macht aber auch Sachen, die mir überhaupt nicht gefallen : z.B. sein eingelegter Hai oder sein Diamanten-Totenschädel.
Haben Deine Bilder auch Titel?
Ich habe angefangen mit Titeln, habe das aber wieder revidiert. Meine Bilder haben jetzt nur noch fortlaufende Nummern. Mir selbst geht es so : ein Bildtitel kann mich manchmal mehr irritieren, als dass er mich inspiriert, wenn ich etwas anschaue.
Haben Deine Acrylbilder eine Aussage?
Nein, in der Malerei strebe ich nicht nach tiefgründigen Bedeutungen. Ich will nichts darstellen, will ich kein Thema. Ich möchte es unettikitiert haben. Ich möchte aus dem Zwang ein Thema darstellen zu müssen, den ich in der Fotografie habe, heraus. Und zwar bis hin zur völliger Auflösung von jeglicher Form und Symbolhaftigkeit.
Geht das soweit, dass man nichts mehr in Deine Bilder hineininterpretieren kann ?
Soweit dass man sagen kann :dies ist ein belangloses Geschmiere oder dies empfinde ich als harmonische Gestaltung. Dies für sich zu entscheiden überlasse ich dem Betrachter.
Was möchtest Du in der Galarie-Graf -Adolf ausstellen?
Ich möchte meine Acrylbilder auf Leinwand zeigen, weil dies meine neueste Ausdrucksform ist. Fotografie habe ich in den letzten Jahren immer wieder ausgestellt, z. B. in der Ausstellung „Lichtzeichen“ oder die letzten Jahre bei der „Langen Nacht der Kölner Museen“ im Kunsthaus Rhenania.
Welche Formate hast Du?
Aus praktischen Gründen bevorzuge ich die Größe 60 x 90 cm oder 70 x 100 cm.
Kleinere Formate mag ich nicht so sehr. Wenn man sich ausdrücken will, braucht man auch Platz dafür. Am liebsten würde ich Riesengemälde machen. Aber wenige haben Platz für so große Formate...
In welche Richtung möchtest Du weitergehen?
Ich möchte weiterhin surreale Fotografien machen, also selbstausgedachte Szenen umsetzen.
Die Arbeit an den Acrylbilder werde ich weiterverfolgen und entwickeln.
Und Ideen für Skulpturen und Objekte liegen einige in der Schublade!
Vielen Dank für das Gespräch!
Dorothea Weisel
PORTRAITFOTO : Dorothea Weisel
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